Wie Weseke Ende des 18. Jh. zur Nummerierung und Bewertung der Häuser im Dorf kam
Frank Geradts aus Drachten in den Niederlanden hat sich aus familiärem Interesse durch die öffentlich zugänglichen Quellen und Dokumente über das Dorf Weseke im 18. Jh. gearbeitet, weil seine Vorfahren zu dieser Zeit noch in Deutschland ansässig waren. Er hat uns dann seit einigen Jahren die interessantesten Erkenntnisse in Form von Geschichten für unsere Internetseite und Heimatblätter zur Verfügung gestellt und uns damit einen guten Eindruck der Lebensbedingungen im Dorf vor über 200 Jahren vermitteln können. In dieser wohl letzten Arbeit berichtet Frank Geradts über die Einführung der Hausnummern in Weseke im Verbund mit einer Bewertung des Hauswertes, die im Zusammenhang mit der Einführung einer Feuerversicherung erfolgte.
Wir danken Frank Geradts und seinem Bruder Dr. Jacob Gestman Geradts, der ihn wiederholt bei der Arbeit unterstützt hat, für die Beiträge zur Geschichte des Dorfes. Sie sind eine gute Ergänzung zu den Veröffentlichungen von Josef Benning und anderen in den Weseker Heimatblättern und tragen zum Verständnis der Entwicklung des Ortes bei.
Teil 1: Bestandserhebung und Schätzung der Gebäudewerte
HAUSNUMMERN UND BEWERTUNG IN WESEKE ENDE DES 18. JAHRHUNDERTS
Die Verwendung von Hausnummern an Gebäuden war ursprünglich für die Erhebung von Steuern oder für die Rekrutierung und Einquartierung von Soldaten gedacht.
Abgesehen von der römischen Zeit, in der bereits eine Hausnummerierung existierte, und einem frühen Beispiel aus dem sechzehnten Jahrhundert in Augsburg, begann die systematische Einführung von Hausnummern eigentlich erst im achtzehnten Jahrhundert.
Die Einführung der Hausnummern in Weseke stand sehr wahrscheinlich im Zusammenhang mit der Bewertung von Immobilien im Rahmen der Gründung einer „Brand-Sozietät“ oder einer „Brand-Versicherungs-Gesellschaft“, die im Jahr 1768 eingeführt wurde. Die Versicherung ersetzte im Schadensfall den tatsächlichen Wert der Häuser, jedoch nicht die Mobilien, also die beweglichen Gegenstände wie z. B. Einrichtungsgegenstände.
Da kein Grundkataster vorhanden war, musste als vorbereitender Schritt zunächst eine Bestandserhebung der infrage kommenden Häuser durchgeführt werden. Diese wurden durchnummeriert, registriert und die Hausnummer wurde in weißer Farbe über die Tür des Hauptzugangs gemalt. Zumindest teilweise wurden auch unbebaute Grundstücke erfasst, um nach einer eventuellen Bebauung die Reihenfolge der Nummerierung beizubehalten. Im Archiv von Nordrhein-Westfalen wurde ein Dokument zu diesem Thema gefunden 1). In diesem Dokument finden wir neben den Hausnummern auch die Namen der Hauptbewohner, die Abmessungen der Wohnungen (Länge und Breite), die Anzahl der Binder, Nebengebäude und den Schätzwert zur Festsetzung der Versicherungsprämie. Das Dokument wurde vor 1778 erstellt und 1795 ergänzt, in dem Änderungen der vorherigen Inventur verzeichnet sind. Zusammen gibt es ein anschauliches Bild von den Wohnverhältnissen und der Betriebsamkeit in Weseke gegen Ende des 18. Jahrhunderts.
Die Reihenfolge der Hausnummern ist, auch mit einer Karte aus dem Jahr 1796, schwer nachzuvollziehen. Es wurde keine Verbindung zu einigen damaligen Straßennamen wie der Landstraße (heute: Schlückersring) oder zu den nicht mehr bestehenden Leefting Stegge und Smittz Stegge hergestellt. Auch das Prinzip der geraden und ungeraden Seiten war noch nicht bekannt.
Die Nummerierung im Dorf reichte von 1 bis 65 und im Kirchspiel von 1 bis 86. Von den 65 Häusern im Dorf waren 20 so genannte “zwei-unter-einam-Dach” (Zweifamilienhäuser), die zwar zwei Hausnummern erhielten, deren bautechnische Daten jedoch zu einer einzigen zusammengefasst wurden, ebenso wie der Schätzwert. Darüber hinaus waren einige Wohnungen unbewohnt oder im Bau, sodass von 51 Wohnungen im Dorf die bautechnischen Daten bekannt sind. Im Kirchspiel gab es 86 Bauernhöfe, von denen die bautechnischen Daten für 78 bekannt sind, einschließlich der dazugehörigen Leibzuchten.
Im Folgenden werden einige charakteristische durchschnittliche Abmessungen der Gebäude angezeigt, mit in Klammern angegebenen Minima und Maxima:
Durchschnittliche Länge im Dorf: 12 m (7-21), Kirchspiel: 16 m (8-28) 2)
Durchschnittliche Breite im Dorf: 7m (4-12), Kirchspiel: 7m (4-12)
Durchschnittliche Fläche im Dorf: 90 m² (33-228), Kirchspiel: 119 m² (33-230)
Durchschnittliche Anzahl der Binder im Dorf: 6 (4-10), Kirchspiel: 7 (3-11)
Kürzestes Gebäude im Dorf: 7 m B. Feldhaus, Kirchspiel 8 m Kötter Bürgermeister
Längstes Gebäude im Dorf: 21m J.H. Enning (Gasthof), Kirchspiel 28 m Zeller Besseling Kleinste Fläche im Dorf: Gerardus Hendricus Besseling 33 m², Bewertung: 1,7 Rtl/m²
Größte Fläche im Dorf: Witwe G.H. Marckers 228 m², Bewertung: 0,7 Rtl/m²
Kleinste Fläche im Kirchspiel: Jan Ising 33 m², Bewertung: 1,66 Rtl/m²
Größte Fläche im Kirchspiel: Zeller Uding 230 m², Bewertung: 1,02 Rtl/m²
Durchschnittliche Bewertung im Dorf: 92 Rtl (35-210), Kirchspiel: 124 Rtl (40-260)
Durchschnittliche Fläche einer Leibzucht: 45 m² (13-92)
Die Bewertungsmethode scheint auf der Fläche der Gebäude basiert zu sein und ist (mit einer erheblichen Streuung) degressiv, d.h., je größer die Fläche des Gebäudes, desto niedriger die Bewertung pro m² und umgekehrt. Die Grafik unten veranschaulicht die entsprechenden Daten für das Dorf. Es könnte auch sein, dass andere Aspekte bei der Bewertung eine Rolle gespielt haben.
Der Gesamschätzwert im Dorf betrug 4.760 Rtl und im Kirchspiel 18.544 Rtl, wobei der gemeinsame Wert aller Wohnungen und Nebengebäude Ende des 18. Jahrhunderts 23.304 Rtl betrug.
1) Protokoll über die Nummerierung und Bewertung der Häuser und Gebäude im Dorf und Ksp. Weseke, Gesamtarchiv von Landsber-Velen, Aktennummer 29718.
2) Umrechnungsfaktor: 1 Fuß entspricht 0,32 Meter.