Wie Weseke Ende des 18. Jh. zur Nummerierung und Bewertung der Häuser im Dorf kam

Teil 2: Änderungen an der ersten Inventur und Beschreibung einzelner Gebäude

Im Jahr 1795 wurden Änderungen an der ersten Inventur vorgenommen:

„Am 26.11.1795 erschienen vor dem Mediatorrichter für Weseke, Herrn Rover, die Einwohner des Dorfes und des Kirchspiels Weseke. Sie gaben Auskunft über ihre Häuser und Nebengebäude, die bei der ersten Schätzung zu gering bewertet wurden, und die Bewertungen wurden wie folgt angepasst.“

Nicht jeder war begeistert von der Teilnahme an der „Brand-Sozietät“, wie Angela Margaretha Verschüer, die im Dorf in Haus Nummer 63 wohnte und die Witwe des Kaufmanns Joes Henricus Verschüer war. Sie war mit der Bewertung nicht einverstanden und wollte diese nicht akzeptieren. Es wurde argumentiert, dass in den anderen Dörfern dieselbe Systematik angewendet wurde und dass sich jeder an diese Versicherungs-bedingungen halten müsse. Sie sollte einfach, wie alle anderen Dorfbewohner, ihren Beitrag leisten.
In den Bedingungen stand, dass niemand das Recht oder die Freiheit hatte, weniger beizutragen oder eine revidierte Bewertung zu fordern. Eine weitere Diskussion mit ihr war daher nicht sinnvoll, dazu müssten zuerst die Bedingungen angepasst werden. Aber, wie es „feinsinnig“ im Dokument steht: „Wenn die Witwe kein Interesse an einem Beitritt zur Brand-Sozietät hat, können auch eventuelle Anpassungen der Bedingungen unterbleiben.“ Da die Abmessungen ihres Gebäudes im Dokument nicht erwähnt werden, noch ihr Schätzwert, wissen wir nicht, ob die Witwe tatsächlich einen berechtigten Einwand hatte.

 

 

Beschreibung erwähnter Gebäude.

Das Gebäude im Dorf mit der Nummer 1 hatte bei Weitem die größte Fläche und gehörte der Witwe Joanna Maria Tenbusch-Marckers, deren Ehemann der Kaufmann Gerardus Henricus Marckers war. Das Gebäude hatte eine Länge von 19 m und eine Breite von 12 m mit 8 Bindern und somit eine Fläche von 228 m². Das Haus verfügte auch über eine enorme Scheune von 16 x 5 m mit 6 Bindern, in der eine Backstube für das Backen und Verkaufen von Brot und Kuchen untergebracht war. Die Witwe Marckers hatte zudem drei Dienstmädchen in Dienst. Das Gebäude wurde auf 165 Rtl und die Scheune auf 40 Rtl geschätzt. Das Dokument von 1795 zeigt, dass Bernardus Henricus Everharding das Haus der Witwe Marckers nach ihrem Tod im Jahr 1791 im Alter von 74 Jahren übernommen hatte. Bernardus Henricus Everding begann dort eine Schmiede.

Die Taverne „Am Kirchhof“ war jahrelang im Besitz der Familie Leefting. In der Zeit von 1783 bis 1796 wurden zwei Tavernen in Weseke, die von Leefting und die von Enning, zu einem Gasthof an derselben Stelle mit der Hausnummer 60 zusammengelegt. Das Anwesen kam dann in den Besitz der Familie Enning und wurde als Gasthof Enning bekannt, aber der Name Leefting blieb in Weseke noch eine Weile „haften“. Auf einer Karte aus dem Jahr 1796 wird der Standort des Gasthofs noch als „Lefting sive Enning Haus“ (sive = auch) bezeichnet. Der Gasthof hatte damals ein Problem mit dem Quellwasser (siehe Heimatblatt Nr. 75). Wirt Johan Berndt Henrich Enning berichtete, dass es vorkam, dass die Kühe in seinem Stall bis zum Bauch im Wasser standen.
In dem untenstehenden Bericht darüber musste der Name „Wirt Lefting“ ebenfalls in „Wirt Enning an Leftings Haus“ korrigiert werden, mit: „NB: Hierüber wird der gedachte wirt Enning an Leftings Haus allenfalls zum gezeugen vorgeschlagen“.



Sub 19. zu seyen wahr, dass dem wirt lefting ehemals das wasser schon in Stall dergestellten eingeloßen, dass dessen Kühe bis an den leib darinn gestanden.


Der Gasthof Enning hatte eine Länge von 21 m, eine Breite von 7 m und 9 Binder, und war damit das längste Gebäude im Dorf Weseke. Der geschätzte Wert betrug 150 Rtl. Rund um den Gasthof geschah Folgendes um 1790: Wirt Johan Gerd Henrich Ferdinand heiratete 1792 Joanna Benning-Leefting und wurde Nachfolger seines Vaters Johan Berndt Henrich im Gasthof.
Er verstarb jedoch innerhalb eines halben Jahres nach seiner Hochzeit an Tuberkulose. Seine Witwe Joanna heiratete drei Monate später Joannes Bernardus Everding, der bei
ihrer ersten Hochzeit Trauzeuge war.
Obwohl in einer früheren Studie (siehe Heimatblatt Nr. 74) angegeben wurde, dass das Ehepaar Everding und Benning-Leefting wahrscheinlich den Gasthof nicht weiterführte,
zeigt es sich jetzt, dass Everding an dem Gasthof eine große Backstube von 7 x 7 m mit 4 Bindern anbauen ließ. Basierend darauf war der Gasthof eine Zeit lang im Besitz des Ehepaares Everding und Benning-Leefting. Johanna Benning-Leefting war schließlich die Erbin ihres verstorbenen Ehemanns Ferdinand Enning und wurde nach seinem Tod Eigentümerin des Gasthofs Enning. Danach begann Johan Henrich Enning, der Enkel des früheren Taverne-Ehepaares Enning und Bühning, mit seiner Ehefrau Maria Elisabeth Ohtert, den Gasthof Enning zu betreiben. Anschließend übernahm ihr Sohn Johan Henrich Joseph Enning mit seiner Frau Maria Catharina Leiking und nach ihrem Tod mit seiner zweiten Frau Maria Catharina Heling die Leitung des Gasthofs.

Trotz der unruhigen Zeiten schien es in Weseke gut zu laufen, was auf verschiedene Bauaktivitäten zurückzuführen ist. Johann Wilhelmus Dünckers von Nr. 5 baute ein neues Haus, während der Weber Joes Wilhelmus Beckers von Nr. 30 sein Haus ausbaute: Er erweiterte die Länge von 16 m auf 20 m und die Breite von 7 m auf 10 m. Zudem wurden zwei weitere Binder hinzugefügt, womit das Haus nun insgesamt sieben Binder aufweist. Der Schätzwert stieg dabei von 100 Rtl auf 150 Rtl.
Backhäuser waren auch eine beliebte Erweiterung; so ließ Garrid Everding bei Nr. 52 eines bauen, das nicht weniger als 9x5m maß.

Bei Nr. 64 stand ein beeindruckend großes Gebäude von Johan Herman Helman, das 17x10m maß und 6 Binder hatte und als Brauhaus diente. Helman war mit Johanna Maria Elisabeth Enning verheiratet. Das Brauhaus wurde von Jacob Henricus Enning, dem Sohn des Wirts Ferdinand Joseph Enning und Alcken Bühning, übernommen. Jacob Henricus Enning ließ das Gebäude sofort um zwei Binder verlängern, wodurch es die Maße 22x10m erhielt. Außerdem erweiterte er das Brauhaus noch um ein zusätzliches Gebäude von 13x7m mit sechs Bindern. Der Wert des Hauptgebäudes wurde zunächst auf 160 Rtl geschätzt, aber nach der Erweiterung, ungewöhnlicherweise, auf 140 Rtl gesenkt, möglicherweise aus Gründen des öffentlichen Interesses? Der Gesamtwert des Brauhauses belief sich auf 290 Rtl.

Mit der Fusion der zwei Tavernen von Leefting und Enning Ende des 17. Jahrhunderts zu „Am Kirchhof“ war dies ein idealer Zeitpunkt für eine fruchtbare Zusammenarbeit zwischen dem neuen Gasthof Enning und dem Brauhaus Enning. Wo das Brauhaus im Dorf stand, lässt sich leider auf Basis der aktuellen Daten nicht feststellen. Es befand sich in der Nähe von Hausnummer 63 der Witwe Angela Margaretha Verschüer, die, wie oben erwähnt, Probleme mit dem Beitritt zur Brand-Sozietät hatte, und Hausnummer 65, wo Bernardus Henricus Geradts mit seiner Frau Anna Margaretha Aleidt Enning wohnte. Sie war die Tochter des Wirts Bernd Enning (1670-1731) und die Schwester des Wirts Ferdinand Joseph Enning (1713-1763).

Bei Nr. 20 im Dorf befand sich noch ein Brauhaus einer (zweiten) Witwe Verschüer.
Dieses Brauhaus maß 11x5m mit 5 Bindern und wurde auf 40 Rtl geschätzt. Das Hauptgebäude hatte die Abmessungen 16x8m mit 7 Bindern und wäre 195 Rtl wert gewesen.

Auch im Kirchspiel herrschte rege Betriebsamkeit.
Zeller Drochtert von Nr. 42 baute einen neuen Bauernhof von 29x12m mit 12 Bindern; ursprünglich war er 21x7m groß mit 8
Bindern.
Auch Zeller Vernholt baute neu: Er erweiterte seinen Bauernhof von ursprünglich 21x8m mit 10 Bindern auf 33x10m mit 13 Bindern. Der Wert stieg dadurch von 190 Rtl auf 310 Rtl.
Zeller Woestman von Nr. 66 baute ebenfalls einen neuen Bauernhof, 23x13m mit 10 Bindern; zuvor war das Gebäude 16x6m groß mit 4 Bindern.
Pastor Thier besaß einen Bauernhof im Kirchspiel bei Nr. 81. Die Maße betrugen 9x6m mit 4 Bindern. Der Kleinbauer B. Hee(linck?) lebte dort. Der Wert wurde auf 110 Rtl geschätzt.

Die Maße und die Schätzwerte des Pfarrhauses, des Küsterhauses und der „Schulmeisterey“ waren im Dokument nicht angegeben.
Z
uletzt erfahren wir, dass ein Brand bei Zeller Enning bei Nr. 10 im Kirchspiel gewütet hat. „Am [Donnerstag] 29.12.1796 erschien vor Herrn Oberamtsdirektor Rover, dem Mediatorrichter für Weseke und Wirthe, Zeller Enning und meldete, dass er anstelle seines abgebrannten Hauses, das unter der Nummer 10 geführt wurde, ein neues Haus erbaut hat“. Vor dem Brand hatte Zeller Enning einen Bauernhof von 17x6m mit 7 Bindern. Sein neuer Bauernhof war deutlich größer: 26x11m mit 12 Bindern. Zudem hatte er sofort seinen Speicher ausgebaut und eine neue Scheune bauen lassen. Durch die neuen Abmessungen wurde der Wert von 105 Rtl auf 350 Rtl erhöht.
Zeller Enning hat möglicherweise als Erster von der „Brand-Sozietät“ profitiert.

1) Protokoll über die Nummerierung und Bewertung der Häuser und Gebäude im Dorf und Ksp. Weseke, Gesamtarchiv von Landsber-Velen, Aktennummer 29718.
2) Umrechnungsfaktor: 1 Fuß entspricht 0,32 Meter.

Bundesverdienstkreuz für Josef Benning
Einführung der Hausnummern in Weseke